„Wer den Himmel sucht, muss nach Burgkemnitz gehen. Engelsgesichter schauen auf ihn herab. Viele, bunt und heiter, Bauernbarock. Hier ist die Kirche im Dorf geblieben, seit 272 Jahren. Gläubigen hat sie halt gegeben und Christenmenschen haben ihr beigestanden. Auch in schlechten Zeiten, mitten im Landkreis Bitterfeld. Konzerte des Fördervereins sollen zur Rettung des kostbaren Denkmals beitragen. Es wurde zum kulturellen Mittelpunkt des Ortes. Musik hilft heilen. Die schwebenden Barockengel wissen davon ein Liedchen zu singen.“

M. Frede (Mitteldeutsche Zeitung, Oktober 1994)

Die Kirche

Allgemeines

Unsere Kirche ist ein selten gewordenes Beispiel ländlicher barocker Innenarchitektur, da die Fassung fast unverändert ist. Die original erhaltene Ausstattung und „diese liebenswert naive Malerei prägten stark die Atmosphäre der Kirche.“ (Sabine Oszmer)

 

Über die Geschichte der Barockkirche ist nicht sehr viel bekannt. Der Vorgängerbau, ebenfalls eine Dorfkirche, wurde 1645, im Dreißigjährigen Krieg, durch Brandstiftung zerstört.

 

 

Ferdinand von Bodenhausen legte im Jahre 1722 den Grundstein für die heute noch erhaltene Kirche. Das Gotteshaus wurde zur Patronatskirche der Familie von Bodenhausen erhoben, die in Burgkemnitz ihren Wohnsitz hatte und sich des Baues der Kirche auch erheblich annahm.

 


Architektur

Aussen

In den wesentlichen Bestandteilen finden wir den Sacralbau noch heute in seiner damaligen Form wieder. Die Architektur ist eindeutig dem Barock zuzuordnen. Wegen der sachlichen Schlichtheit des Erscheinungsbildes und des eher ländlichen Charakters wird auch von "Bauernbarock" gesprochen.

 

Es ist ein einschiffiger Putzbau mit dreiseitigem Chorschluss (Emporen). Auf beiden Seiten von Schiff und Chor befinden sich Strebepfeiler. Es sind 3 Portale vorhanden, Nord-, Süd- und Westportal. Über diesen befinden sich Inschriften, die den Bau in das Jahr 1722 datieren. Über dem Westportal (Eingang) steht:

„Auspiciis dei T.O.M. templum hoc exstructum est anno 1722.“

Übersetzt bedeutet dies: „Unter dem Schutze Gottes des Dreieinigen (Trinitarii), Allgütigen (Optimi) und Allmächtigen (Maximi) ist diese Kirche erbaut worden im Jahre 1722.“

 

 

Außen und innen wurden Grabsteine eingelassen, welche aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammen.

Der turm

Die Kirche besitzt einen quadratischen Westturm mit doppelt geschweifter Zwiebelhaube, welche mit Schiefer gedeckt ist. Der Außenbau ist durch geputzte Ecklisenen, Gesimsbänder und Fenstergewände gegliedert.

 

Im Kirchturm sind zwei von drei barocken Glocken und der originale Glockenstuhl mit den ursprünglichen Holzjochen erhalten.

Die 3. Glocke ist dem 1. Weltkrieg zum Opfer gefallen. Sie wurde eingeschmolzen, um daraus Waffen bzw. Munition herzustellen.

 

Die kleine Glocke wurde 1652 in Kemberg gegossen, die große Glocke 1697 von Peter Wilde in Halle. Da die Glocken und Grabdenkmale älter sind als die Kirche selbst, besteht die Vermutung, dass diese aus dem Vorgängerbau stammen.

INNEN

Der prächtig ausgestaltete Innenraum ist von einer hölzernen Muldentonne überwölbt. Diese ist vollflächig mit einem Wolkenhimmel bemalt. Auf diesem Gemälde ist die Christi Himmelfahrt in 16 überlebensgroßen Gestalten dargestellt. Es ist Gott zu sehen. Rechts neben ihm steht ein roter Schemel für Jesus bereit, welcher in den Himmel fährt. Zwei Engel begleiten Jesus und unten stehen 11 seiner Jünger und Maria, seine Mutter. Im Chor befinden sich viele geflügelte Engelsgesichter.

 

An den Emporen und Säulen befinden sich Marmorimitationen, in denen Gesichter versteckt sind. An der ersten Empore befinden sich 12 Felder mit Szenen des Neuen Testamentes und zwei Wappen.

Sie sind aufwendig und farbenprächtig bemalt. An der oberen Empore sind die 14 Brüstungsfelder mit passenden Bibelsprüchen verziert. In den Texten sind verschiedene Buchstaben hervorgehoben. Diese ergeben im Zusammenhang gelesen Ferdinand von Bodenhausen.

 

Die Bilder und Bibelsprüche zeigen den Lebens- und Leidensweg unseres Herren Jesus Christus. (Ankündigung, Geburt, Anbetung der Könige, Taufe, Verklärung , Ölberg, Wappen 1, Wappen 2, Geißelung, Ecce – Homo , Kreuzigung, Grablegung, Auferstehung, Weltgericht)

Die Malerei wird auch als Bauernbarock bezeichnet.

Die Loge ist im Westen auf der 1. Empore angeordnet. Sie ist verglast und gehörte der Familie von Bodenhausen. Ein großer Teil der barocken Flachglasscheiben, Schlösser und Beschläge sind heute noch vorhanden.

 

Über der Loge befindet sich die Orgelempore. Die kleine, kaum veränderte historische Orgel wurde 1851 von Friedrich Wilhelm Wäldner aus Halle gefertigt.

 

Die hölzerne Innenausstattung wurde vorgefertigt, da die Emporen an der Stirnseite die Hälfte der Fenster bedecken.

Der barocke Kanzelaltar ist ungewöhnlich aufgebaut. Es existiert kein selbstständiger Kanzelkorb.

 

Auf dem Altar ist ein Abendmahlrelief abgebildet. Es ist oval und von Akanthusblättern und marmorierten Säulen umgeben. Darüber befindet sich eine zweiflügelige Tür, welche sich zur integrierten Kanzel öffnen lässt. Auf den Türflügeln steht „Wer Ohren hat zu hören, der höre.“ geschrieben. Der Altar wird gekrönt mit dem Namen Gottes in hebräischen Buchstaben (JHWH; Jahwe bzw. Jehova)

Beidseitig vom Altar befindet sich die Sakristei.

 

Es existieren keine Namen vom Architekten oder vom Maler.



Die Orgel

Die Orgel wurde von dem Hallenser Orgelbaumeister Friedrich Wilhelm Wäldner für die Ansprüche einer dörflichen Patronatskirche im Jahre 1851 erbaut und musste mit dem wenigen Platz auf der zweiten Empore über der Patronatsloge auskommen.

Hinter dem klassizistischen Prospekt verbirgt sich ein Werk mit mechanischer Traktur (Schleifladen), das auf zwei Manualen und Pedal 13 klingende Register hat.

 

Seit der Restaurierung durch die Firma Schuster & Sohn/Zittau im Jahre 1993 erklingt die wieder gut spielbare Orgel zu Gottesdiensten und in den Sommermonaten zu regelmäßigen Orgelvespern.

 

 

Zuvörderst Studenten der Kirchenmusik aus den Hochschulen Halle und Leipzig, aber auch namhafte Organisten spielen das schön klingende Instrument und geben dem "Soli Deo gloria" lebendigen Ausdruck.

Hauptwerk   Oberwerk  
Bordun 16'  Flauto traverso 8'
Prinzipial  8' Viola di Gamba 8'
Gedackt 8' Salizional 4'
Prinzipial 4' (Prospekt) Flauto amabile 4'
Gedackt 4'    
Oktave 2' Pedal C-c'  
Mixtur 3 fach Subbaß 16'
    Violoncello 8'

 Manualkoppel, Pedalkoppel HW-Ped.